Stimmt. Auch ALDI hat “faire Schokolade” im Sortiment. Doch wie fair ist das “fair”, was auf den Verpackungen steht, wirklich?
Dass gerade die großen Lebensmittelkonzerne inzwischen auch auf den Zug der “fairen” Produkte aufspringen, ist zwar zunächst schön, da Discounter viele Menschen erreichen, aber eigentlich doch auch irgendwie paradox. Denn gerade diese großen Lebensmittelkonzerne mit ihrer Marktmacht sind doch letztlich für einen Teil der Probleme verantwortlich, die der “faire Handel” zu beheben versucht.
Fast 10 kg pro Kopf haben die Menschen in Deutschland 2022 laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie gegessen. Der Marktanteil von fairer Schokolade liegt bei dieser Menge allerdings nur bei 3,2 %.
Während die Kakaoindustrie im vergangenen Jahr wieder Rekordgewinne eingefahren hat, ist der Preis, den die Bäuerinnen und Bauern erhalten, in den letzten Jahrzehnten inflationsbereinigt immer weiter gesunken. Das heißt auch wenn der aktuelle Preis für Kakao vergleichsweise hoch ist, lebt der überwiegende Teil der Kakaobäuerinnen und -bauern nach wie vor in Armut, das wiederum lässt den Anteil an Kinderarbeit im Kakaosektor steigen. Diese Situation hat sich durch die Verteuerung von Saatgut, Düngemittel, Transport und Lebenshaltung in Folge der Pandemie sowie des Ukrainekrieges noch verstärkt. Auch der Klimawandel trägt seinen Teil bei.
Schaut man sich die Zertifizierung der ALDI Eigenmarken an, fällt auf, dass ein Großteil der „nachhaltig“ zertifizierten Schokolade über UTZ/Rainforest Alliance zertifiziert ist. Genau dieses Nachhaltigkeitssiegel sorgte in der Vergangenheit immer wieder für negative Schlagzeilen. Kritisiert wird zum Beispiel, dass es keine festgelegten Mindestpreise für Erzeuger:innen gibt.
An diesem Punkt stellt sich deshalb die Frage, was ist denn dann überhaupt fair? Da der Begriff „fair“ rechtlich nicht geschützt ist, darf letztlich jeder Hersteller selbst definieren, was “fair” ist.
In der Kritik steht auch, dass die Schokolade mit Fairtrade-zertifiziertem Kakao unter Anwendung des „Mengenausgleichs“ hergestellt wird, sie kann also mit konventioneller Schokolade vermischt werden. Nach den Vorgaben der Rainforest Alliance müssen nur 90 % der Rohstoffe von zertifizierten Farmen kommen, bei Produkten mit mehreren Zutaten, wie Schokolade, sind es sogar nur 30 %. Das erklärt vielleicht, warum Discounter ihre fair zertifizierten Schokoladen im Vergleich günstig anbieten können …
Ein grundlegender Aspekt des fairen Handels ist für uns der ökologische Anbau. Denn was haben Mitarbeiter:innen von fairen Bedingungen, wenn sie durch den Einsatz von Pestiziden krank werden? Verschiedene Projekte zeigen, dass sich gerade durch einen ökologischen Anbau viele Bedingungen verbessern: die Böden regenerieren sich, die Gesundheit der Arbeiter:innen verbessert sich, Ernte-Ertrag und auch Qualität steigen, das wiederum führt zu höheren Löhnen und damit weniger Kinderarbeit und mehr Bildung.
Grundsätzlich sollen auch auf zertifizierten Plantagen der Rainforest Alliance erst im äußersten Fall Pestizide eingesetzt werden, es sind allerdings nur zwei Pestizide vollkommen verboten. Und auch an den eigentlichen Arbeitsbedingungen auf den Plantagen gab es Kritik. Seit 2020 hat die Rainforest Alliance deshalb nicht nur ihr Logo verändert, sondern auch ihre Kriterien verschärft. Das ist gut und wir hoffen sehr, dass es zu besseren Bedingungen vor Ort führt. Letztlich sind wir uns dennoch sicher: An den ökologischen und sozialen Anspruch, den wir an unsere Produkte stellen, kommen sie auch mit neuen schärferen Kriterien leider lange nicht heran. Der Begriff fair muss dringend definiert werden und für uns ist klar: Der ökologische Landbau zählt zu den wichtigsten Kriterien!