Biodiversität, Artenvielfalt, biologische Vielfalt. Ein vielfältiges Thema, das in mir tatsächlich Ehrfurcht auslöst.
Wie sehr prägen gerade berechtigterweise Diskussionen um Vielfältigkeit unsere Gesellschaft und wie wichtig ist uns die Freiheit der eigenen Vielfalt. Doch so vielfältig wir als Gattung Mensch untereinander auch sind, letztlich sind wir nur eine von derzeit etwa 8,7 Millionen geschätzten Arten. Nur eine unter Millionen anderen! Und dennoch schaffen wir es, mit unserem Verhalten alle anderen zu beeinflussen. Oft achtlos entscheiden wir über den Fortbestand vieler anderer Arten und sind paradoxerweise gleichzeitig abhängig von genau dieser Artenvielfalt. Wir sollten also nicht nur unsere eigene Vielfalt im Blick haben, sondern auch die grundsätzliche Vielfalt allen Lebens.
Als Biodiversität bezeichnet die Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen die Vielfalt aller lebenden Organismen, Lebensräume und Ökosysteme auf dem Land, im Süßwasser, in den Ozeanen sowie in der Luft. Die Artenvielfalt stellt einen Teilaspekt der Biodiversität dar und ist letztlich das Maß für die Anzahl an Arten. Wie viele Arten genau existieren, ist nicht bekannt und kann nur näherungsweise geschätzt werden. Schätzungen variieren zwischen 2 und 11 Millionen Arten. Weltweit sind derzeit erst etwa 1,8 Millionen Arten dieser Vielfalt (Tiere, Pflanzen und Pilze) beschrieben. In Deutschland sind etwa 71.500 Arten nachgewiesen. Eine vollständige Auflistung der derzeit auf der Erde lebenden Arten ist für die Wissenschaft nicht realisierbar und es ist zu befürchten, dass viele Arten noch vor ihrer Entdeckung ausgestorben sein könnten. Es ist erschreckend wie viele Arten bereits ausgestorben sind und das nachweislich durch unser menschliches Handeln. So leben heute 60 Prozent weniger Wirbeltiere auf der Erde als noch 1970, in Deutschland sind zwischen 1998 und 2009 die typischen Vogelarten der Agrarlandschaft um mehr als 36 Prozent zurückgegangen. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) warnt in seinem „Globalen Zustandsbericht zur Biodiversität“ vom Mai 2019, vor einem weiteren weltweiten Verlust von bis zu einer Million Arten und den daraus unkalkulierbaren Folgen. Denn in Ökosystemen gibt es sogenannte Kipp-Punkte, an denen plötzliche und unumkehrbare Prozesse eintreten können. Durch das Artensterben sind also ganze Ökokreisläufe bedroht, die wiederum haben konkreten Einfluss auf unsere Lebensmittelherstellung.
Laut des Berichts des Weltbiodiversitätsrats IPBES ist die Hauptursache des Artenrückgangs die veränderte Nutzung von Flächen. Dazu zählen die zunehmende Versiegelung, großflächige Bebauung, der Verlust der Strukturvielfalt der Landschaft und vor allem immer größere landwirtschaftliche Nutzflächen. Kleine, vielfältige Felder sind Monokulturen mit ertragreichen, aber eben artenarmen Ackerbaukulturen gewichen. Die Agrarindustrie verdrängt Baumreihen, Hecken, lose Steinmauern und Brachen. Die Folge sind fehlende Nistplätze, Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten für Wildtiere und Vögel. Überdüngung, die mit der Agrarindustrie oft einhergeht, erschwert Pflanzen und Insekten, die nährstoffarme Böden brauchen, das Überleben.